Die Chance, eine Edition im eLaborat-Format zu erstellen, eröffnete die Möglichkeit, diese erforderlichen Anpassungen nachzuholen. Abgesehen von der Verbesserung einiger Fehler, bestehen diese in erster Linie aus einer Anzahl Modernisierungen der Sprache. Die auffallendste Erscheinung ist die Synkope des Schwa in Verbformen und in anderen Wörtern. “Hi hevet” (er hat), “die maghet” (die Jungfrau), “ghelovet” (glaubt) u.ä., die typisch sind für das ältere Mittelniederländisch, wurden umgeändert in “hi heeft”, “die maecht” en “ghelooft”. Die Formen “leghet” (legt/liegt) und “seghet” (sagt) wurden entsprechend in “leit” und “seit” geändert. Ansonsten wurden in Temporalsätzen im Imperfekt die deutschen Konjunktionen “als” und “alse nu” überall durch die mnl. Konjunktion “doe” ersetzt.
Eine zweite wichtige Änderung des “Neder-L”-Textes ist der Umgang mit den mittelniederländischen Fragmenten. Die erhaltenen Bruchstücke von “Ogiers kintheit” ähneln zwar stark dem Text von Cpg 363, sind damit jedoch nicht identisch, weil Cpg 363 keine Abschrift, sondern eine Bearbeitung der älteren Übersetzung ist. Weil der komplette Cpg 363-Zyklus ein in sich geschlossenes Werk bildet, haben wir anders als bei der “Neder-L”-Ausgabe die Fragmente von “Ogiers kintheit” nicht als ursprünglicher als Cpg 363 betrachtet, sondern die Fassung von Cpg 363 als primär angesehen und die Fragmente nur zu Rate gezogen, wenn Cpg 363 undeutlich war.
Bei dieser neuen Ausgabe wurde auch die Möglichkeit geboten, zielgerichtet die digitale Editionstechnik einzusetzen und so die Beschränkungen des gedruckten Buches zu überwinden. Der „Ogier von Dänemark“-Zyklus wird in dieser Edition in vier parallelen “Versionen” oder „Schichten“ angeboten. Die erste „Schicht“ ist ein Faksimile, eine vollständige fotografische Wiedergabe von Cpg 363. Das erlaubt dem Leser, einen Blick in die Handschrift zu werfen und die angebotenen Texte zu kontrollieren. Die zweite „Schicht“ ist eine Transkription des kompletten Textes von Ludwig Flúgel, eine Wiedergabe des mittelalterlichen Textes in moderner Schrift. Die dritte „Version“ ist eine annotierte Rekonstruktion des mittelniederländischen Textes, der der Heidelberger Kopie zugrunde gelegen hat. Die vierte „Schicht“ schließlich ist eine Übersetzung des rekonstruierten niederländischen Textes in modernem Deutsch, mit der der rekonstruierte Text auch einem interessierten deutschen Publikum zugänglich gemacht werden soll.
Die Edition von 2002 <— — —> Das Faksimile